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Eine unendliche Karussellfahrt

18. September 2018

Eine unendliche Karussellfahrt

Ich fahre gern Karussell. Ich kann selbst entscheiden wann ich ein und wieder aussteige. Dennoch tue ich es nicht. Ich sitze immer noch auf dem weißen Hengst mit seinem goldenen Sattel. Ich habe die Zügel in der Hand. Doch sie nützen mir nichts. Das Pferd wird sich nie bewegen, denn es kennt nur eine Richtung. Und so fahre ich im Kreis. Runde um Runde. Tag für Tag.

Was ist passiert? Wann habe ich aufgehört abzusteigen und zu gehen? Das Karussell einfach zu verlassen und wieder meinen Weg zu gehen, anstatt im Kreis zu fahren?

Weil es sicherer ist sagt mein Kopf. Weil ein Mensch der über Gefahren nachdenkt nicht einfach während der Fahrt aufsteht und geht. Und so wiegt mein Kopf das Pro und Contra ab. Immer und immer wieder. Und dann, entscheide ich mich sitzen zu bleiben. Weil es sicherer ist. Weil es vernünftig ist.

Aber da ist ja noch der Bauch. Und dem wird allmählich übel von dem Ganzen im Kreis gefahre. Es liegt nicht an der Geschwindigkeit, denn die ist immer gleich. Auch wenn es mir nicht so vorkommt. Denn wenn die Sonne scheint und eine Fahrt besonders schön ist, kommt es mir vor als würde die Zeit rasen.

Wann hat das nur angefangen, dass wir nicht mal einen einzigen Schritt riskieren ohne vorher mindestens tausend Mal darüber nachzudenken? Wann habe ich aufgehört auf meinen Bauch zu hören?

Seitdem sich mein Bauch und mein Kopf nicht mehr einig sind. Seitdem sie nicht mehr zusammen funktionieren. Kopf oder Zahl? Alles oder nichts? Es gibt keine Lücke mehr. Keine Abzweigung. Es führt nur noch ein Weg nach Rom.

Mehr Verantwortung. Nicht mehr nur für uns. Nicht mehr nur für dich und für mich. Es ist der klügste Weg auf dem weißen Pferd sitzen zu bleiben. Mit Zügeln in der Hand, die nur Schein sind. Und während wir versuchen alles richtig zu machen, habe ich das Gefühl es ist falsch. Denn das Herz hat sich mit dem Bauch zusammengetan und beide kämpfen nun immer und immer wieder gegen den Kopf. Wir sind keine Einheit mehr.

Und manchmal, da fühlt es sich so an, als würde ich neben meinem Körper stehen. Außerhalb vom Karussell. Und ich winke ihm zu und rufe. Doch mein Körper hört mich nicht. Er ist fixiert. Fixiert sich festzuhalten und weiterzufahren. Fixiert das Richtige zu tun. Eine Karussellfahrt mit bitterem Beigeschmack. Doch die Fahrt ist noch lange nicht zu Ende.

4 Kommentare

  1. Liebe Dany,
    Was für ein toller Text!!!
    Fast schon gruselig, denn die Person scheint ja auch völlig allein auf dem Karussell zu sitzen, das irgendwo vergessen vor sich hindreht. Ich hoffe, dass Du das nicht, oder zumindest nur in Anteilen bist. Ich glaube, man braucht andere Menschen, und nicht nur Familie oder Freunde, die einem da sehr ähnlich sind. Kay hat es angesprochen und ich dachte auch zwischendurch, ob da eine Schwangerschaft im Spiel ist. Allerdings reißt einen das ja auch vom Karussell runter, in gewisser Weise, und gerade wenn man Kinder hat, ist es wichtig, ihnen ein gutes Beispiel zu geben, damit sie nicht selbst Angst vorm Leben bekommen. Und das meine ich auch mit ‘andere Menschen sind wichtig’. Am besten ist es, welche mit anderen Wurzeln kennenzulernen. Menschen aus denn deutschsprachigen Raum Stufe oft schon sehr praktisch und auch ängstlich erzogen. Dieser enorme wirtschaftliche Fortschritt setzt die Menschen hier schon als Kinder unter Druck und trimmt einen sehr auf Leistung. Hinzu kommt der Krieg im kollektiven Bewusstsein: Man hat sich früher einfach über andere Dinge Gedanken m machen müssen und die Eltern haben dann mit der Erfahrung unsere Großeltern oder Eltern erzogen und da war es dann vielleicht auch in späteren Generationen oft so ein Denken: Stell dich nicht so an! Unsere Mentalität ist, finde ich, oft unsicher, gestresst und ernst. Wenn man Leute aus anderen Ländern kennenlernt, sieht man einen ganz anderen Umgang mit dem Leben, mit Kindern (sie werden anders ins Leben einbezogen und stellen im Leben keine Behinderung dar, was hier oftmals leider der Fall ist), es ist nicht alles so furchtbar kompliziert.
    Ich wünsche dir, dass du gut von dem Karussell wegkommst, es ist ein wunderschöner Text, den kannst du irgendwo einreichen.
    Liebe Grüße
    Tina

    • Oh Tina, ich danke dir so sehr für deinen Kommentar. Ja, du hast recht in letzter Zeit beschäftige ich mich sehr häufig mit dem Thema Erziehung. Das fängt dabei an, dass man sagt: Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Bringen wir so den Kindern bei, das Tränen zu zeigen falsch ist? Danke für deine Worte, das bedeutet mir sehr viel. Liebe Grüße Dany

  2. Ein sehr inspirierender Text, der zum Nachdenken anregt. Ich denke es kommt auch immer auf die eigene Lebenssituation an, ob man lieber im Karussell sitzen bleibt oder aussteigt. Wenn man ein Kind erwartet, ist das Verantwortungsbewusstsein und Sicherheitsdenken natürlich stärker ausgeprägt, als wenn man ein Leben führt, wo man keine Rücksicht auf andere nehmen muss. Wo es leichter fällt, seinem Bauchgefühl zu folgen… Doch die wahre Sehnsucht wird man nie verbergen können. Jedoch gilt es dann meistens den richtigen Zeitpunkt abzuwarten, um den Schritt, aus dem Karussell auszusteigen, wagen zu können.

    Liebe Grüße, Kay
    http://www.twistheadcats.com

    • Danke für deinen Kommentar. Da hast du völlig recht. Manchmal muss man eben auf den passenden Zeitpunkt warten. Aber das ist ok. Man sollte es auch nicht überstürzen. Liebe Grüße, Dany

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